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Die Insolvenzbekanntmachung
Video: Erklärung Insolvenzbekanntmachung
Allein in Deutschland werden jährlich über 100.000 Insolvenzbekanntmachungen von Verbrauchern gemeldet. Über 20.000 ehemals Selbstständige, deren Geschäftsmodell gescheitert ist oder aufgrund einer Marktveränderung nicht mehr ausreichend Einnahmen hat, melden sich ebenso insolvent. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden die Ergebnisse und Fortschritte veröffentlicht – bei Privatpersonen geschieht das in der Regel online – Insolvenzverfahren und Insolvenzankündigungen von Unternehmen findet man im Normalfall aber auch in der Zeitung. Ist das denn überhaupt so erlaubt?
Alle Daten auf einen Blick
Der erste Gedanke ist eindeutig: „Das kann doch nicht legal sein! Schließlich werden private Daten von Menschen veröffentlicht!“. Das Bundesgesetzbuch (BGB) erklärt die Veröffentlichung jedoch folgendermaßen:
In § 9 Abs. 1 der Insolvenzordnung in Verbindung mit § 2 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet vom 12. Februar 2002 (BGBl. I S. 677) ist bestimmt, dass die öffentlichen Bekanntmachungen durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet (siehe Hier) erfolgen.
Welche Daten sind öffentlich einsehbar?
Auf der Webseite findet man ausschließlich Daten, die aus den öffentlichen Insolvenzbekanntmachungen stammen. Tiefgreifende Details sucht man dabei vergeblich, es wird lediglich eine sehr kompakte Übersicht des jeweiligen Falls angezeigt. Mit diesem Online Tool kann man aktiv und gezielt nach Schuldnern und Bekanntmachungen suchen. Diese werden dann in chronologischer Reihenfolge angezeigt. Folgende Daten und Suchkriterien kann man dabei online und öffentlich einsehen:
- Familienname des Schuldners
- Firma des Schuldners
- Wohnsitz des Schuldners
- Aktenzeichen des Insolvenzgerichts oder Registergerichts
- Registerart und Registernummer
- Anordnung und Aufhebung von Sicherungsmaßnahmen durch das Gericht
- Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse
- Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- Entscheidung über die Aufhebung oder die Einstellung des Insolvenzverfahrens
- Beschlüsse über die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters, des Treuhänders und der Mitglieder des Gläubigerausschusses
- Terminbestimmungen – Die nächsten wichtigen (öffentlichen) Termine
- Ankündigung der Restschuldbefreiung
- Erteilung oder Versagung der Restschuldbefreiung
Handelsregisterdaten und eidesstaatliche Versicherungen jedoch sind öffentlich auch nicht nachzuschlagen. Möchte man diese trotzdem einsehen, muss man das gezielt bei der entsprechenden Behörde einreichen.
Löschung der öffentlichen Bekanntmachungen
Spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens werden nach § 3 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet vom 12. Februar 2002 alle Inhalte wieder gelöscht. Alle veröffentlichten Daten werden mehrmals täglich aktualisiert, sodass man davon ausgehen kann, dass sie stets aktuell sind und nicht mehr einsehbare Inhalte tatsächlich auch gelöscht wurden. Somit lassen sich im Nachhinein keine veralteten Daten finden, was den Verbraucher schützen soll. Ist einer wieder schuldenfrei, gibt es keinen Grund, dieses Kapitel seiner Vergangenheit öffentlich bloß zu stellen.
Keine Suchmaschinen-Relevanz
In den Insolvenzbekanntmachungen stehen auch die entsprechenden Namen und Adressen zu den Schuldnern. Diese Inhalte sind zwar durch die Webseite insolvenzbekanntmachungen.de einzusehen, jedoch tauchen die Ergebnisse mit den Namen und den privaten Daten nicht in Internet- Suchmaschinen wie Google oder Bing auf. Das soll die Schuldner vor einer öffentlichen Bloßstellung bewahren. Wäre das nicht gegeben, würde es sich um einen Verstoß gegen das deutsche Grundgesetz handeln – mit fatalen Folgen!
Durchsuchbare Bundesländer
Bei der Suche nach Insolvenzbekanntmachungen und allen dazugehörigen Details kann man folgende Bundesländer nach Veröffentlichungen durchsuchen. Zwischen 2002 und 2005 stellten alle Bundesländer bereit, sie online verfügbar zu machen. Den Anfang machte dabei 2002 Nordrhein-Westfalen, das Schlusslicht bildete 2005 Sachsen-Anhalt.
Bundesland | Ergebnisse verfügbar seit |
Nordrhein-Westfalen | 1. Juli 2002 |
Rheinland-Pfalz | 1. September 2003 |
Saarland | 27. August 2003 |
Mecklenburg-Vorpommern | 24. September 2003 |
Bremen | 27. Oktober 2003 |
Hamburg | 5. November 2003 |
Hessen | 1. Dezember 2003 |
Baden-Württemberg | 1. Dezember 2003 |
Niedersachsen | 1. Januar 2004 |
Brandenburg | 15. März 2004 |
Schleswig-Holstein | 1. April 2004 |
Bayern | 1. Juni 2004 |
Berlin | 1. Juni 2004 |
Thüringen | 1. August 2004 |
Sachsen | 1. Februar 2005 |
Sachsen-Anhalt | 1. September 2005 |
Immer häufigere Insolvenzbekanntmachungen
In den Nachrichten und Zeitungen hört man von Insolvenzen häufig nur im Zusammenhang mit großen Unternehmen, die zahlungsunfähig werden. Tatsächlich sind Privatleute davon gleichermaßen betroffen. Immer mehr private Haushalte sind in der Zwischenzeit dazu gezwungen, Insolvenz anzumelden. In diesem Fall ist von einer Privatinsolvenz oder Verbraucherinsolvenz die Rede. In der heutigen Gesellschaft kann es sehr schnell zu einer Zahlungsunfähigkeit dieser Art kommen – die Gehälter werden immer niedriger, immer mehr Unternehmen beuten ihre Mitarbeiter durch Zeitverträge aus und echte Sicherheit gibt es kaum noch!
Eine vielseitige Bedrohung
Parallel steigen die Immobilienpreise und die alltäglichen Ausgaben. Vor allem in Süddeutschland und den alten Bundesländern muss man keinen hohen Lebensstandard haben, um schnell von einer Zahlungsunfähigkeit betroffen zu sein! Die Gründe dafür variieren stark: Ob Entfall der Arbeitsstelle oder Krankheit, nicht gezahlte Abfindungen oder nicht abschlagbare Erben – alle führen zu einem der größten Probleme heutzutage: Kein Geld mehr, um seinen eigenen Lebensunterhalt zu bezahlen, Schulden, die sich überschlagen, und kein Ausweg aus der Misere.
Bedingungen und Ablauf einer Privatinsolvenz
Verbraucher, die ihre Schulden nicht mehr bezahlen können, haben seit 1999 die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen ein Privatinsolvenzverfahren zu beantragen. Der Ablauf und die Bedingungen dafür sind in der Insolvenzordnung explizit geregelt, jedoch immer mit dem gleichen Ziel: Befreiung des Schuldners von seiner Restschuld. Das heißt, dass alle Schulden, die nach Ablauf einer sechsjährigen Frist noch nicht bezahlt wurden, verfallen, und der Verbraucher endlich wieder schuldenfrei ist. In der Insolvenzordnung findet man auch die Bedingungen, die eine Privatperson erfüllen muss, um eine Insolvenz anmelden zu können:
- Zahlungsunfähigkeit des Schuldners: Sei es durch eine Überschuldung oder einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Eine Privatinsolvenz kann auch präventiv in Auftrag gegeben werden, wenn es unausweichlich scheint, in eine finanzielle Sackgasse zu gelangen.
- Privatperson: Nur Privatpersonen können eine Privatinsolvenz oder Verbraucherinsolvenz anmelden. Ehemalige Selbstständige und Unternehmer sind davon ausgeschlossen.
- Weniger als 19 Gläubiger: Hat der Schuldner mehr als 19 Gläubiger, kann dieser zwar eine Regelinsolvenz anmelden, aber keine Verbraucherinsolvenz. Sollten es weniger als 19 Gläubiger sein, dafür aber ausstehende Forderungen aus Arbeitnehmerverhältnissen, Sozialversicherungen oder der Lohnsteuer bestehen, ist eine Privatinsolvenz ebenso ausgeschlossen.
- Bezahlung der Verfahrenskosten: Bei einer Insolvenzbeantragung muss sichergestellt sein, dass die Verfahrenskosten bezahlt werden können – unabhängig davon, von wem. Hierfür kann im Notfall auch eine Stundung der Verfahrenskosten ergriffen werden. Sollte das nicht gegeben sein, kann der Antrag mit dem Argument „mangels Masse“ abgelehnt werden.
- Einigung mit den Gläubigern: Es muss im Vorfeld eine Einigung mit den Gläubigern gegeben sein. Diese wird in einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan festgelegt, der in der Regel von einer Schuldnerberatung oder einem Rechtsanwalt erstellt wird.
- Vermögensauskunft: Damit nichts im Unklaren bleibt, muss auf jeden Fall eine Vermögensauskunft vorliegen. Diese wird während der gesamten Dauer des Insolvenzverfahrens alle zwei Jahre neu beantragt und ausgeführt. Sie dient als Sicherheit, dass der Schuldner wirklich alles tut, was in seiner Macht steht, um seine Schulden zu begleichen.
Die Höhe der Forderungen und die Zahl der Gläubiger sind für die Anmeldung eines Insolvenzverfahrens irrelevant!
Alternative Lösung zur Insolvenzbekanntmachungen
Alternativ zur Insolvenzanmeldung kann eine Einigung mit den Gläubigern angestrebt werden, in der ein Teil der Schulden erlassen wird, sodass wenigstens der Restbetrag vom Schuldner abbezahlt werden kann. Ein Beispiel hierzu wäre eine Schuldenbegleichung von etwa 25 %, der Rest entfällt. Gläubiger neigen in der Regel dazu, auf Angebote dieser Art einzugehen, da sie im Vergleich zum Fall einer Privatinsolvenz seitens des Schuldners eine erheblich höhere Summe wieder zurückbezahlt bekommen. Trotzdem birgt das für die Gläubiger ein nicht unerhebliches Risiko.
Unterstützung im Schuldenfall
Als Schuldner kann man sich kostenlose Unterstützung durch die deutsche Schuldenberatung einholen. Diese Beratungsstellen sind meistens kostenlos und finden sich in nahezu jeder Stadt – die meisten davon in Nordrhein-Westfalen (124).
Bundesland | Anzahl der Beratungsstellen |
Nordrhein-Westfalen | 124 |
Niedersachsen | 103 |
Bayern | 86 |
Baden-Württemberg | 72 |
Sachsen | 70 |
Brandenburg | 59 |
Rheinland-Pfalz | 44 |
Hessen | 40 |
Sachsen-Anhalt | 40 |
Mecklenburg-Vorpommern | 37 |
Schleswig-Holstein | 34 |
Thüringen | 30 |
Berlin | 25 |
Bremen | 18 |
Saarland | 11 |
Hamburg | 10 |
Insgesamt | 803 |
Die große Bürde unserer Zeit
Schuldnern nagt es primär am eigenen Ego, wenn sie an einen Wendepunkt im Leben kommen, an dem sie sich eingestehen müssen, dass es leider nicht mehr weitergehen kann. Das Geld reicht nicht mehr, den eigenen Unterhalt und die Schulden zu zahlen. Hinzu kommt, dass sich die Schulden durch die entstehenden Zinsen vervielfachen – ein wahrer Teufelskreis, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint. Noch schwieriger trifft es selbstständige Unternehmer, die alles dran gesetzt haben, ihre Vision einer eigenen Firma oder Agentur zu verwirklichen und kläglich gescheitert sind – diese tragen nicht nur die Bürde einer nicht überwindbaren Geldschuld, sondern des Öfteren auch Depressionen und Selbstzweifel, die das „wieder Aufstehen“ weiter erschweren.
Kein Grund zur Sorge
Fakt ist: Es gibt keine Schuldensituation, aus der es keinen Ausweg gibt. Was fehlt ist oft die Motivation, die durch psychischen Druck – den sich die meisten Schuldner selbst machen – erzeugt wird. In Deutschland gibt es insgesamt 803 Schuldenberatungsstellen, da findet sich mit Sicherheit auch eine in der Nähe. Aus dem Grund sollte auf jeden Fall eine aufgesucht werden, dort bekommt man alle weiteren Schritte und Optionen mitgeteilt und kann sich entsprechend auf alles einstellen – damit steht dem Abbau des Schuldenberges nichts mehr im Wege!
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